28 Mai 2015

Zur Geschichte des 51. Jahrestag der FARC-EP

3. Teil der Geschichtsreihe zum 51. Jahrestag der Gründung der FARC-EP:

In Kolumbien ist der Kapitalismus seit Jahrzehnten fest im politischen und wirtschaftlichen Bereich implementiert und besonders in den ländlich geprägten Regionen ist er in seinen Bezügen ein reaktionärer Kapitalismus mit feudalen Zügen, in denen Großgrundbesitzer und die finanzstarke Bourgeoisie das Sagen haben. Während vor Jahrzehnten noch der staatlich-öffentliche Charakter gewahrt wurde, gibt es seit den 1990er Jahren eine neoliberale Öffnung, in der die Wirtschaft privatisiert und ehemalige Staatsunternehmen der Industrie und öffentlichen Dienstleistungen verkauft werden. Wichtige ökonomische Grundlagen des Staates bestehen in der extensiven Viehwirtschaft, sowie in der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die fast gänzlich in den Händen von privaten oder transnationalen Konzernen liegen.

Seit der Eroberung Lateinamerikas im Jahr 1492 durch vorerst portugiesische und spanische Soldaten begann die Ausbeutung und Versklavung der lokalen Bevölkerung. Blut, Tortur und Tod bestimmen von nun an das Bild und zeitgleich beginnt ein neues bis heute bestehendes System des Landbesitzes: Die Anhäufung von Landbesitz in den Händen weniger, der Kirche, der Bourgeoisie und Großgrundbesitzer, die mittels Betrug und Terror ihren Besitz ausbauen und verteidigen. Dazu kommen die Ausbeutung der indigenen und afroamerikanischen Arbeitskraft und die Versklavung der ländlichen Bevölkerung. Es entsteht ein feudales kapitalistisches System wie in Europa. Doch es ist auch die Zeit der ersten indigenen Aufstände gegen bestehende Verhältnisse.

Die Ideale von Simón Bolívar sind in seiner Zeit die fortschrittlichsten. Er will eine soziale Republik schaffen, die sich auf Gleichheit zwischen Indigenen, Europäern, weißen Kreolen und Afroamerikanern, auf einen Ausbau der öffentlichen Dienstleistungen und Verwaltungen, auf die Beseitigung der Korruption und auf eine Förderung der Volksbildung beruft. Er führt einen kontinentalen Befreiungskrieg gegen die Kolonialmächte, koordiniert den Kampf und erreicht die Unabhängigkeit von Panama, Kolumbien, Venezuela, Ecuador, Bolivien und Peru. Die Einheit Lateinamerika steht in seinen politischen Ideen im Vordergrund.

Doch seit dem ersten Schrei nach der Unabhängigkeit im Jahr 1810 muss sich Bolívar und seine revolutionären Begleiter mit den USA auseinandersetzen, deren Politik darauf ausgelegt ist, ihre Einflusssphäre auf ganz Lateinamerika auszubauen. Die Einheit Lateinamerikas unter Bolívar steht konträr zu den Ideen von Monroe, ein Amerika für die Nordamerikaner zu schaffen und somit die wirtschaftlichen, sozialen, politischen, kulturellen und ideologischen Bereiche zu dominieren. In den entstehenden Ländern Lateinamerikas sind zwar die Kolonialherren abgesägt, das kapitalistische System jedoch nicht verändert worden. Die dominierende europäische Klasse ist durch eine kreolische ehemals aus Europa stammende Klasse Einheimischer ersetzt worden, die sich abhängig gegenüber den alten und neuen Kolonisationsmächten ergeben.

Mit dem Tod von Bolívar ist Kolumbien von den Auseinandersetzungen zwischen den Föderalisten und Zentralisten geprägt. So gibt es in Kolumbien 23 Bürgerkriege, die von der Oligarchie auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen werden. Doch auch die sozialistischen Ideen erhalten Einzug in die Bevölkerung und Arbeitervereinigungen und Zusammenschlüsse entstehen und die sozialen Kämpfe werden intensiver. Die kolumbianische Oligarchie zeigt jedoch ihre entschlossene Härte. Rafael Uribe Uribe, ein fortschrittlicher liberaler Demokrat, wird 1914 ermordet, am 6. Dezember 1928 werden 3000 streikende Arbeiter der Bananenplantagen der nordamerikanischen United Fruit Company von Militärs getötet und die sozialistischen Anführer María Cano und Ignacio Torres Giraldo, der Revolutionären Sozialistischen Partei, aus der später die Kommunistische Partei wird, sind permanenter Verfolgung ausgesetzt.

Mit dem Massaker an den Arbeitern auf den Bananenplantagen der United Fruit Company im Jahr 1928 bis zum Mord an Gaitán im Jahr 1948 und dem daraus folgenden Gemetzel erschienen neue Wellen der Gewalt. Die Violencia, der Bürgerkrieg in Kolumbien ab 1948, durchgeführt von der politischen und wirtschaftlichen Elite, war folgenschwer für die kolumbianische Gesellschaft. Die Politikerclique versuchte die Macht unter sich aufzuteilen und mal bekämpften sie sich und mal schlossen sie sich zusammen. So entstand kurz nach der Militärdiktatur von Rojas Pinilla die Nationale Front im Jahr 1958, in der sich beide traditionelle Parteien für Dekaden die Macht sichern wollten. Gemeinsames Ziel war die Bekämpfung der Opposition, welches bis heute anhält.

Am 27. Mai 1964, in mitten der Militäroperation der Armee gegen die Selbstverteidigungsverbände von Bauern, fand in Marquetalia der erste Kampf zwischen den Bauern und der Armee statt. Es wurde das Symbol zur Gründung der FARC. Wenig später, am 20. Juli 1964, versammelten sich die bäuerlichen Guerilleros aus den verschiedenen Regionen des Landes und verabschiedeten das revolutionäre Agrarprogramm. Damit vereinheitlichten sich nicht nur die Guerillaverbände, sondern es wurden politische Ziele für das gesamte Land veröffentlicht. 1965 fand in Riochiquito die erste Konferenz der damals noch im Südblock firmierenden Gruppen statt und im Jahr 1966, mit der Teilnahme von 250 Personen in der Region Duda, nahm der Südblock bei der zweiten Konferenz den Namen FARC an.

Der Kampf gegen die korrupten Machtstrukturen, gegen das ausschließende System, gegen die repressive Art und für politische Beteiligung, für Gerechtigkeit und für Frieden ist bis heute aktuell. Soziale Bewegungen, Oppositionelle und die Guerilla werden bis heute auf das Schärfste bekämpft. Mehr als 10.000 Politische Gefangene und unvorstellbare Zustände zeugen von einer Krise im Gefängnissystem. Die anhaltenden politischen Morde, Einschüchterungen und Vertreibungen zeigen das Problem der Repression und Verfolgung seitens des Staates auf. Deshalb kämpft die FARC-EP seit 51 Jahren. „Als FARC-EP sind wir eine politische Partei unter Waffen, wir sind es seit dem ersten Tag der Gründung“, so im Kommuniqué des Sekretariats des Zentralen Generalstabs der FARC-EP zum 51. Jahrestag der Gründung.

Und weiter: „Jedes Mal, wenn wir uns als FARC-EP an einen Tisch zu Gesprächen mit der nationalen Regierung gesetzt haben, haben wir dem Land und der Welt unsere Gedanken und Bestrebungen für Kolumbien bekannt gegeben.“ Dabei machen sie auf die Partizipation aller aufmerksam: „Wir haben immer geglaubt, dass die Macht nicht denkbar ist ohne die aktive und entscheidende Beteiligung der organisierten Massen.“ Und zum Friedensprozess: „An diesem 51. Jahrestag, bekräftigen wir, dass ohne das Recht auf Leben, auf persönliche Integrität und die Freiheit der Opposition, ohne richtige Garantien zur Ausübung ihrer politischen Tätigkeit, ohne Entschädigung für ihre verletzten Rechte, ist sinnlos über eine Beendigung des Konflikts zu denken.“

27 Mai 2015

Gestern war er noch ganz friedlich

2. Teil der Geschichtsreihe zum 51. Jahrestag der Gründung der FARC-EP:

Eine historische Geschichte aus der Zeit vor der Gründung der FARC, als die Bauernverbände die Repression der Regierung fürchteten - Von Arturo Alape

Der Coreguaje ist über seine Ufer getreten. Seit dem Morgen wütet er wie ein Wilder, dem man lieber nicht an den Bart rührt. Wild stürzt er talwärts. Die letzten Regengüsse, die oben in den Bergen niedergingen, haben ihn aufgepeitscht.
Gestern war er noch ganz friedlich.
Am Abend haben wir ihn nicht durchquert, wir warteten auf die Familien, die unterwegs zurückgeblieben waren. Heute tobt er und schäumt. Voller Zorn gegen die Bewohner seiner Wasser spuckt er bis zu den Kronen der Bäume hinauf, aber dadurch wird seinen Schmerz nicht los, im Gegenteil, er wird immer gereizter und brüllt nur noch mehr.
Gestern war er ein gewöhnlicher Fluss.
Zwei Soldaten sind an unserem Lagerplatz von vorgestern aufgetaucht; sie sind uns dicht auf den Fersen.
Nur mit der Unterhose an hat sich einer von uns, der den Coreguaje kennt, ins Wasser gestürzt. Er hat lange mit den Armen gegen die Strömung angekämpft, um zu sehen, wie stark sie ist: Dreihundert Meter weiter unten kam er nackt wieder zum Vorschein, der Sog ist gewaltig. Vom anderen Ufer aus macht er jetzt Zeichen, als wolle er sagen: „Beschissen ist das…“ Und mit einer anderen Handbewegung fügt er hinzu: „Wir müssen warten, bis das Wasser sinkt“. Alle Köpfe wenden sich nach rechts, und die Blicke wandern den scharfen Bergkamm entlang, wo schwere, dunkle Wolken aufziehen. Die Kinder laufen unterdessen am Ufer im Sand umher. Sie spielen Krieg und machen sich nichts daraus, dass man ihr Lachen nicht hört in dem Donnern und Tosen. Mit den Händen haben sie kleine Höhlen gegraben, die längst überflutet sind. Die Unentschlossenheit der Erwachsenen wächst, je größer ihre Augen werden.
Die Soldaten hatten nicht damit gerechnet, gestern Morgen da, wo sie nur ein paar alte Hütten vermuteten, in einen Hinterhalt der Guerilla-Nachhut zu geraten; das hat ihren Angriff auf uns ein paar Stunden aufgehalten. Sie sind so versessen darauf, uns zu erwischen, dass sie sich leicht ein Bein dabei brechen.

Normalerweise kann man den Coreguaje barfuß durchwaten und wird dabei nass bis zum Gürtel. Aber wir können jetzt nicht darauf warten, dass der Sommer die Flüsse schwächt; wir müssen weiter. Drei von unseren Kameraden haben sich an den Händen gefasst und versucht, durch den Fluss zu gehen, aber die Wellen sind über ihren hochgereckten Händen zusammengeschlagen, und ihre Füße, die immer kleinere Schritte machten, fanden keinen Halt mehr im Sand. Sie wurden auseinandergerissen und mussten schwimmen, und jetzt fuchteln sie am anderen Ufer mit den Armen herum und geben uns zu verstehen: „Hoffnungslos... So kommt man nicht durch.”
Bis hierher sind die Schüsse zu hören.
Es ist ein sonderbarer Fluss: Er kann im Handumdrehen anschwellen, aber ebenso schnell sinkt das Wasser auch wieder. Hoffen wir, dass es auch heute so ist. Im Sommer ist der Coreguaje sanft und blau und so klar, dass man die Fische zählen kann, die sich im Wasser tummeln und an den schleimigen Steinen lecken. Ab sobald er tobt, wird er braun wie Milchkaffee. Dann lässt er sich durch nichts aufhalten. Die toten Stämme klammern sich mit ihren Wurzeln an den Zweigen fest, die von den Ufern hereinhängen, und bilden Palisaden, an denen sich das Wasser brodelnd staut, und die vom Sturm besiegten Bäume spreizen ihr Geäst und segeln wie hungrige Spinnen dahin, bis der Strudel sie packt und in die Tiefe zerrt, und dann tauchen sie wieder auf und gleiten schaukelnd auf schäumenden Wellen weiter…
„Der Hubschrauber! Steht nicht rum und glotzt! Tarnt euch!“ ruft Juancho. Seine Stimme hallt durch das Gehölz.
Das Dickicht verwächst mit unseren Haaren, die Dornenranken stechen, während wir wie Wildkatzen hineinspringen, ein Busch hat plötzlich die Beine von Mariana. Hände besänftigen die wimmernden Kinder, die wild in die Brustwarzen beißen. Im dichten Ufergehölz verschanzt, sehen wir den fliegenden Apparat, seine erstarrten Kautschukklauen, und wir hören das Bla-bla dass er herabhageln lässt.
„Ergebt euch, wir haben euch eingekreist... Ihr seid die letzten… Wir wissen genau, wo ihr steckt… Den Frauen und Kindern wird nichts geschehen, wir suchen nur die Bandoleros… Die anderen haben sich schon ergeben…“
Und das Ding tut so, als wolle es seinen Durst im Coreguaje stillen, und kreist so niedrig über dem Ufer, dass es uns vorkommt als stecke der dröhnende Motor in uns selbst, und unsere verwirrten Augen hören erst wieder auf zu flackern, als sich das summende Insekt entfernt.

Da gehen wir zum sandigen Ufer zurück und vermehren die Spuren.
„Wir haben keine Wahl, wir müssen rüber“, sagt Juancho, der für Evakuierung verantwortlich ist. „Ihr habt den Hubschrauber gehört: Wir sollen uns ergeben… Ihr hört die Schüsse, die immer näherkommen… Wenn sie uns am Ufer erwischen, dann bleibt hier keine Spur von uns…“
„Stimmt, aber wie kommen wir ihm bei? Siehst du den Stein da drüben, Juancho? Vorhin hat er noch den Kopf gehoben und zu uns herübergeschaut. Und jetzt ertränkt ihn der Fluss.“ Die Kinder ahmen das Geräusch des Hubschraubers nach, sie summen und klopfen sich mit der Hand auf den offenen Mund. „Trotzdem, wir müssen auf die andere Seite, sonst werfen sie wieder Bomben auf uns. Das eben war bloß ein Erkundungsflug.“ „Also gut... dann gehen wir halt durch den Fluss - oder wir gehen darin unter.“
„Ich glaube, das Beste ist, wir spannen ein Seil zum anderen Ufer und hangeln uns daran rüber“, sagt Juancho und knüpft Lianen zum Festhalten an ein Seil; er hat zwei rechte Hände. „Und die Kinder?“ fragen die Frauen.
„Die Kinder? Die müssen sich an die Haare von denen klammern, die sie tragen.“
Er meints nicht gut mit uns, der Coreguaje. Die Berge, aus denen er kommt, vier Stunden von hier, sind noch immer schwarz, der Regen hat die ganze Nacht nicht nachgelassen. Die Berge, aus denen er kommt, sind ein grauer Schlund.
Einer der Männer schwimmt über den Fluss, das Ende des Seils zwischen den Zähnen, das wir Stück um Stück nachgeben. Drüben macht er es an einem Baum fest.
Dann gehen drei Männer ins Wasser, um uns beim Überqueren zu helfen. Sie halten sich an den Lianen fest und zappeln mit den Beinen wie schwimmende Hunde, während die Wellen gegen ihre Köpfe schlagen. Die Frauen von den Männern geführt, die Kinder huckepack, die Hände in die Haare ihrer Eltern gekrallt: So kämpfen sich die ersten an das Seil geklammert durch die Strö­mung. „Wir sind durch!“ rufen sie und halten schon Ausschau nach unseren Verfolgern. Die Frauen wringen ihre Kleider aus, die kleinen Kinder zittern vor Kälte. „Jetzt die nächste Ladung!“ befiehlt Juancho. Aber auch der Coreguaje schickt seine nächste Ladung. „Die Strömung! Schnell ans Ufer! Schwimmt! Rettet euch, wie ihr könnt!“

Fluten schmutziggelber Wogen wälzen sich heran, schwappen über den zwei Mann hohen Felsen, ersticken mit ihrem dumpfen Tosen Juanchos sich überschlagende Stimme, überschwemmen die Senken und prellen gegen die Böschungen zu beiden Seiten des Flusses. Der Fluss geifert und spuckt, er schäumt, bläht sich und stürzt sich auf die kreischenden Menschen, die seiner Wut nicht entrinnen können und verzweifelt die ohnmächtigen Arme recken, die Kinder mit ausgerissenen Haarsträhnen in den Händen.
„Mein Kind, Hilfe, mein Kind!“ schreit Mariana und blickt flehend zum Himmel. Das arme Geschöpf treibt in den Strudel, das Köpfchen dreht sich wie irr in dem aufgewühlten Kessel, versinkt und taucht wieder auf und wird weitergetrieben von den peitschenden Wellen, die es in blinder Wut gegen den ungerührten Felsen schmettern. Dann gleitet es davon, ein winziger schwarzer Punkt, und Mariana, die sich mit der Strömung treiben lässt, um ihren Sohn zu retten, die sich in den Fluten windet und mit den Armen um sich schlägt, wird hinabgezerrt wie eine tanzende Flasche, aus deren Hals die langen braunen Haare und ihre Finger ragen. In der Biegung vor dem Steilufer entschwindet sie unseren Blicken, und rasend vor Zorn fällt der Coreguaje jetzt über den alten Antonio her. Als hätte er Anas spitzen Schrei gehört, antwortet der Hubschrauber mit seiner eisigen Stimme: „Ergebt euch… Wir werden euer Leben schonen… Wir haben euch geortet…“ Aber der Coreguaje achtet nicht auf die Stimme aus den Wolken, befriedigt schluckt er die Gitarre, die uns das Leben so oft leichter gemacht hat. Mit unseren letzten Kräften ziehen wir vom Ufer her an dem Seil, das kein Seil mehr ist, sondern ein Halbmond silbern schimmernder Leiber, schreiender Menschen, die ertrinken, gegen die die Baumstämme stoßen, und der Halbmond löst sich, während es vom Himmel auf uns einredet, und das Seil gibt nach. Einige von uns stürzten sich ins Wasser, um dem Fluss noch ein paar lebendig zu entreißen, aber es war unmöglich.
Tief im Gebirge machten wir ein Feuer, ließen die Kleider an unseren Körpern trocknen und warteten auf die Nacht, und als es Nacht wurde, legten wir uns auf dem kalten Boden schlafen.
Hinter uns wütete noch immer der Coreguaje und trug unsere Kinder und Kameraden davon, das Leben, das er uns aus den Händen gerissen hatte.
 

26 Mai 2015

Die Wurzeln der FARC

1. Teil der Geschichtsreihe zum 51. Jahrestag der Gründung der FARC-EP:

Die FARC haben ihre Wurzeln in den Ursprüngen eines früheren Konfliktes. Liberale Guerilleros, entstanden im Bürgerkrieg zwischen den beiden traditionellen Parteien in den vierziger Jahren, hielten ihre Waffen aufrecht im Kampf gegen die Repression und Terror von rechts.

Besonders die Provinzen Cundinamarca, Huila und Tolima waren geprägt vom entsetzlichen Krieg der Konservativen gegen Bauern und Linksliberale. Die zuvor als liberale Guerilla zum Zweck der Selbstverteidigung gegründet Bewegung geriet in den Jahren immer mehr unter kommunistischen Einfluss, so dass die kommunistische Bauernselbstverteidigung sich den Zorn der der beiden traditionellen Parteien zuzog. Später sollten die Bauern aus einer von beiden Erzfeinden gegründeten Zweiparteienfront bekämpft werden.

Zuvor jedoch, um den Krieg zwischen beiden Parteien zu beenden, putschte sich General Rojas Pinilla an die Macht und ordnete eine Amnestie für viele Guerillas an, die jedoch von den kommunistischen Bauern abgelehnt wurde. Sahen sie doch zu, wie trotz großer Versprechen ihre Landsleute terrorisiert und massakriert wurden. So kam es zu den ersten Militäroffensiven der Regierung gegen die Bauern, die sich in ihrem Selbstschutzcharakter nur noch gestärkt sahen.

Die die Guerilleros überlebten die Militäroffensiven der 1950er Jahre in Cauca. Sie kannten das Gelände und die Menschen, da halfen auch keine Blockaden und Bomben. In Tolima gruppierten sie sich schließlich um und errichteten neue Basen. Einer jener Anführer der Guerilleros war Pedro Antonio Marín, der später den Namen zu Ehren eines getöteten Gewerkschafters annahm: Manuel Marulanda Vélez. Die inneren Spannungen zwischen den liberalen und kommunistisch beeinflussten Guerilleros nahmen zu, auch eine Konferenz im Jahr 1955 konnte die Probleme nicht lösen.

Die internen Streitereien und Kämpfe gingen soweit, dass liberale Guerillas halfen die kommunistischen Bauern zu liquidieren. Somit passten sich die liberal Gesinnten immer mehr den Zielen der Armee und der korrupten Regierung an. Marulanda schlug vor, dass die Mehrheit zu ihren Familien und ins zivile Leben zurückziehen sollte. Ausgelaugt von den Schlachten in Tierradentro und in El Davis zogen sie in mehr oder weniger geordneter Weise in Märschen zum Río Duda, zum Río Guayabero in Meta und nach El Pato in Caqueta.

Die Diktatur endete im Jahr 1957 und es folgte eine Übergangsmilitärjunta, die das Land für ein Jahr regieren sollte. Die erste zivile Regierung von Alberto Lleras, nun in der bereits erwähnten Zweiparteienfront zwischen Liberalen und Konservativen, bot den Guerilleros eine zweite Amnestie an. Im Jahr 1958 gab es das erste Treffen zwischen Regierung und den Guerillas in Aipe, Huila. Die Verhandlungen, die alle Guerillas in die Gesellschaft integrieren wollten, also Liberale, Kommunisten und Konservative setzte man fort und 1959 konnten sogar einige Einigungen erzielt werden. Ohne ihre Waffen abzugeben zogen sie sich in ihre entlegenen Gebiete im Sinne der Selbstverteidigung zurück.

Marín alias Marulanda nahm wieder seinen richtigen Namen an und arbeitete als Straßeninspektor beim Bau der Straße, die von Carmen (Huila) nach Gaitania (Tolima) führte. Aber als im Januar 1960 einer der ersten Paramilitärs, bewaffnet und unterstützt vom Militär und den Liberalen, seinen Freund Jacobo Prías Alape (Charro Negro) in Gaitania ermordete, gab Marulanda seinen Posten als Inspektor auf und kehrte zur politischen Arbeit mit den Bauern zurück. Der Konflikt verschärfte sich und man gab Marulanda zu verstehen, dass man es nicht dulden werde, wenn er weiter für den Kommunismus predigt.

Der hingegen beschloss dauerhaft in einem Gebiet zu bleiben, dass unter dem Namen Marquetalia bekannt werden würde, welches sich in der Gemeinde Planadas im Süden Tolimas befand. Er wendete sich an die Bauern und ermunterte sie zum Kampf, um diesem Unrechtsregime etwas entgegensetzen zu können. Mit der Repression der Armee und ihren weiteren Schritten zur Offensive versammelten sich im April 1961 weitere Selbstverteidigungsgruppen aus Guayabero, Natagaima, El Pato und Vertreter des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei in Marquetalia. Doch die FARC war noch nicht geboren, obgleich eine erste Konferenz der verschiedenen Verbände stattfand.

Im Jahr 1962 begann die konservative Regierung eine Militäroffensive gegen die Guerilleros in Marquetalia. Im Jahr 1964 trat Luis Alberto Morantes, mit dem Kampfnamen Jacobo Arenas, der Guerilla bei. Er sollte zum Chefideologen der neuen Guerilla werden und der Schlüssel des Guerillakampfes. Er, Jacobo Arenas, und sein Kollege Hernando González, liefen im Frühjahr zu Fuß zur Guerilla in die Berge und warnten sie vor der kurz bevorstehenden Offensive des Militärs. Bedie waren Abgesandte des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei.

Am 14. Mai begann schließlich die Offensive der Militärs unter Beteiligung von rund 16.000 Soldaten am Boden und in der Luft. Unterstützt wurde das kolumbianische Militär durch die USA, die in den Zeiten des Kalten Krieges alle kommunistischen Bewegungen auf dem lateinamerikanischen Kontinent bekämpften. Marulanda ordnete zuvor die Evakuierung aller nicht kämpfenden Personen und Familienmitglieder an. Schließlich blieben nur 52 Bauern und zwei Frauen zurück, die sich der Armee entgegenstellten. Später wird die erste Kampfhandlung, der 27. Mai 1964, als Gründungsdatum für die FARC, den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens, in die Geschichte eingehen.

Von weiterer Bedeutung sind nicht nur die Kampfhandlungen an sich, sondern auch der 20. Juli 1964, als sich inmitten der Kampfhandlungen die Guerilleros verschiedener Verbände treffen und das erste revolutionäre Programm verabschieden. Es ist die erste offizielle Konferenz der Guerilla und ein Meilenstein in der Entwicklung der kommunistischen Guerilla FARC, die bis heute existiert und derzeit in Friedensverhandlungen mit der Regierung steht.

23 Mai 2015

FARC-EP kündigen Waffenruhe auf

Nach der Bombardierung eines Lagers der FARC-EP in der Gemeinde Guapi in der Provinz Cauca, bei dem 26 Guerilleros der 29. Front starben, hat die aufständische Organisation die von ihr am 20. Dezember 2014 einseitig verkündete Waffenruhe aufgehoben.

Am 15. April dieses Jahres hatte Präsident Santos die Wideraufnahme von Bombardierungen gegen Lager der FARC-EP avisiert. Die Guerilla betonte immer wieder die Militarisierung ganzer Regionen und verdeckte Militäroffensiven der staatlichen Sicherheitskräfte gegen die aufständische Bewegung, trotz des von der Guerilla einseitig verkündeten Waffenstillstandes. 

21 Mai 2015

Brief von Timoleón Jiménez der FARC-EP an die Öffentlichkeit

In einem Brief bzw. einer Erklärung wendet sich der Oberkommandierende der FARC-EP, Timoleón Jiménez an die Öffentlichkeit. Er solidarisiert sich mit den Opfern beider Tragödien im ländlichen Kolumbien und klagt die Medien über ihre tendenziöse Berichterstattung an.

Timoleón Jiménez, Oberkommandierender der FARC-EP, widmet sich in einer Erklärung den Ereignissen in Kolumbien. Zuerst drückt er sein Bedauern den Opfern der beiden Katastrophen in Riosucio und in Salgar aus. In Riosucuio in der Provinz Cauca starben Bergleute, als Wasser in die Minen eindrang, wo Arbeiter nach Gold suchten. In der ländlichen Gegend von Salgar, Provinz Antioquia, gab es aufgrund von einem Erdrutsch über 80 Tote. In beiden Fällen waren die Opfer einfache und bescheidene Menschen, die unter harten Bedingungen versuchen zu Überleben. Es ist der Kapitalismus, der sie zu den lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen in den altertümlichen Minen zwingt und es ist die herrschende Gesellschaftsordnung, die sie in Hütten in lebensbedrohlichen Gegenden wohnen lässt. Die sozialen Versprechen der Regierung erreichen viele Bevölkerungsschichten nicht und das Problem ist nicht im Wetter oder bei den Leuten selbst, sondern im Wirtschaftsmodell, so der Oberkommandierende.

Doch statt sich mit den realen Bedingungen des Kapitalismus auseinanderzusetzen, zeigt man lieber die tragischen Szenen von einem kleinen Mädchen, das durch die reißende Strömung aus den Händen ihres Vaters entrissen wird, während ihre Mutter fünf Kilometer weiter im Schlamm gefangen ist. Diese Dramaturgie, die Tränen und der Schmerz wirken in der Öffentlichkeit und lassen die wirklichen Ursachen vergessen. Timoleón Jiménez solidarisiert sich mit den Opfern, verweist aber auch auf die Arbeits- und Lebensbedingungen von Millionen anderen Kolumbianern. „Um sie zu bekämpfen, haben wir vor 51 Jahren, nach dem Angriff auf Marquetalia, die Waffen erhoben“, so der Oberkommandierende der FARC-EP. Seitdem ist die Guerilla das Hassobjekt der großen Mächte. Sie haben uns alles vorgeworfen, was man sich nur vorstellen kann. Doch sie konnten die Guerilla nicht vernichten, denn der Kampf ist ein aufrichtiger und gerechter und der große menschliche Reichtum unterstützt sie, so die Erklärung.

Die Bemühungen um eine friedliche und zivilisierte Lösung des internen Konfliktes ist oberste Priorität der FARC-EP. Frieden war noch nie die Politik der Oligarchie, die an der Macht ist, sondern immer das Bestreben der Völker, die nach Gerechtigkeit schreien. Deshalb sucht die kolumbianische Oligarchie nach allen erdenklichen Möglichkeiten, um den Friedensprozess zu torpedieren und die Guerilla in ein schlechtes Licht zu stellen. So gab es vor ein paar Tagen die Meldung über angebliche Verbindungen der FARC-EP zu mexikanischen Drogenkartellen. Dabei stammen die Informationen von anonymen Informanten des Geheimdienstes der Vereinigten Staaten. Nichts Seriöses also, sondern reiner Abenteurertum. So funktionieren die Interessen des Großkapitals in der Welt. Während sie in Spanien den ägyptischen Diktator Al Sisi, verantwortlich für schwere Verbrechen an der Menschheit, wie einen Helden ehren, wird der frei gewählte Staatspräsident Venezuelas, Nicolas Maduro, als Feind der Demokratie verunglimpft.

„Während der US-Botschafter Whitaker seine volle Unterstützung für die kolumbianische Regierung bekundet und die ausgezeichneten Beziehungen seiner Regierung mit dem ehemaligen Präsidenten und Senator Álvaro Uribe lobt, sind die US-Geheimdienste entschlossen, eins ums andere Mal mehr die FARC zu diskreditieren, damit sie den großen Medien sagen können, sie wären die tollwütigen Verteidiger der Pressefreiheit oder besser, der Wirtschaft, wie es zu Recht der Professor Renan Vega sagen würde. Dies sind die wirklichen Interessen hinter dem Friedensprozess in Havanna“, so der Abschluss der Erklärung des Oberkommandierenden der FARC-EP, die heute auf verschiedenen Internetseiten veröffentlicht wurde.

10 Mai 2015

Grüße an Mijail Kaminin, Botschafter der Russischen Föderation

Freundlichen Grüße

Wir schließen uns der Freude an, die heute die Menschheit in sich trägt von dem überwältigenden Sieg der Roten Armee über die Nazi-Truppen vor 70 Jahren. Die Welt von heute würde ein Jammertal, Sklaverei und Barbarei sein, wenn das Heldentum eines multinationalen Volkes, ihrer Soldaten und Marschalle, nicht den Wahnsinn Hitlers und seiner Ansprüche der rassischen Überlegenheit gestoppt hätten.

Die FARC-EP umarmen mit Liebe und Dankbarkeit die russischen und sowjetischen Menschen, die Hauptbeteiligten dieses einzigartigen Epos und achten mit einer Hommage an die Gefallenen, die Veteranen, die wahren Architekten des Sieges, die in den Worten von Präsident Putin sich als Helden in Blut und Feuer bewiesen haben.

Mit der militärischen Siegesparade auf dem Roten Platz, sahen wir die Hoffnung der Menschen marschieren, die nicht wollen, dass nicht nur eine unipolare Welt wollten, sondern ein gerechteres System, das Gleichheit für alle bedeutet.

Friedensdelegation der FARC-EP

08 Mai 2015

Zehn Lügen der Desinformation in Kolumbien

Im Folgenden wollen wir kurz zehn Lügen der Desinformation in Kolumbien dar- und widerlegen, die von den Medien ständig wiederholt werden.

Obwohl die Medien in einer Demokratie den Auftrag haben sollen, die Menschen zu informieren, ist in Kolumbien bei den Massenmedien klar erkennbar, dass sie eine ideologische Voreingenommenheit besitzen und ganz im Stil ihrer Auftraggeber handeln, der kolumbianischen politischen und wirtschaftlichen Oligarchie. Dabei ist es gerade während des Friedensprozesses zwischen der aufständischen Bewegung FARC-EP und der kolumbianischen Regierung notwendig, dass für eine Deeskalation, Wahrheit und Aufarbeitung gesorgt wird und die Falschinformationen beendet werden.

Dabei ist nicht nur die kolumbianische Linke von der Desinformation betroffen, die regelmäßig als Terroristen gebrandmarkt werden, sondern auch Länder wie Venezuela, Ecuador oder Nicaragua, bzw. politische und soziale Prozesse die sich gegen die herrschende neoliberale und kapitalistische Ordnung richten, werden dämonisiert. Auch wenn alternative Medien, so auch Kolumbieninfo, auf dem Vormarsch sind, gegen die Massenmedien und gegen die vom Staat und Paramilitärs ausgeübte Gewalt ist ein Durchsetzen oftmals nicht einfach.

Nun zu den zehn Lügen:

1. „Die FARC sind eine Drogen-Terrororganisation“
Ungenau. Die FARC sind eine politisch-militärische Organisation. Terrorismus ist eine Methode, die von den Akteuren in einem Krieg oder auch in einem Zustand des Friedens verwendet wird, um allgemeine Angst zu schüren. In ähnlicher Methode wird sie von der kolumbianischen Regierung verwendet und hier durch ihre staatlichen Sicherheitskräfte oder durch paramilitärische Kräfte, finanziert und unterstützt von Politikern und Wirtschaftsbossen, um Bevölkerungsschichten einzuschüchtern oder zu vertreiben. Die FARC-EP jedoch will keinen Krieg gegen die Bevölkerung, auch wenn bei Kampfhandlungen die Zivilbevölkerung oftmals die Leidtragenden sind. Es ist auch wahr, dass während des Krieges die aufständische Bewegung über Steuern zum Anbau und Weiterverkauf von Drogen finanziert wurde. Eine illegalisierte Organisation besitzt nun mal keine legalen Finanzierungsmöglichkeiten. Der kolumbianische Staat hat jedoch auch selbst vom Drogenhandel profitiert, wie die Verstrickungen von Politikern und Militärs in diese Geschäfte zeigen. Zudem profitierte der von der Regierung demobilisierte Drogenparamilitarismus stark von einer hohen Straflosigkeit, obwohl die Gruppen bis heute aktiv sind.

2. „Die FARC greifen die Zivilbevölkerung an“
Eine unvollständige Wahrheit. In einem Krieg oder in bewaffneten Konflikten wirken die verschiedenen Akteure gegeneinander und dabei sind leider auch Personen oder Güter, die nicht zu einem der Akteure gehören, betroffen. Wenn die FARC schwerwiegende „Fehler im Kampf“ eingestehen, sind es die Medien die verschweigen, dass die kolumbianische Regierung stetig das Gleiche ihrerseits tut und häufig vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte zitiert wird. Während die FARC auf die Zivilbevölkerung angewiesen sind und auch aus ihr heraus auftritt, ist für die Regierung in vielen Regionen die Zivilbevölkerung wie ein Feind.

3. „Die FARC haben keine Ideologie“
Eine klare Lüge. Wenn die FARC keine politisch-militärische Organisation wäre, mit klarer Struktur und einer politischen Ideologie, dann würden sie nicht mit der Regierung an einem Verhandlungstisch sitzen. Während bei der vermeintlichen Demobilisierung der Paramilitärs nur über die gesetzlichen Grundlagen der Transition und Wiedereingliederung verhandelt wurde, finden nun mit der aufständischen Bewegung neben der Übergangsjustiz Gespräche und Verhandlungen zu Landpolitik, Rechte der Opfer von Konflikten, politische Partizipation , Drogenpolitik, Waffenabgabe, Garantien usw. statt. Dies zeigt klar den Unterschied zwischen kriminellen Drogenbanden und einer Organisation, die seit jeher kommunistische Ziele verfolgt. Unzählige politische Programme zeugen davon.

4. „Die FARC sind als bloße Drogenhändler geboren“
Falsch. Ganz im Gegenteil zu den Darstellungen der Medien entstand die FARC in Marquetalia und anderen Regionen Kolumbiens als Selbstschutzorganisation von kommunistischen Bauern, die in den 1950er und 1960er Jahren von der Regierung bekämpft wurden. Mitte der 1960er Jahre schlossen sich die Bauernverbände zur FARC zusammen mit dem Ziel, eine politisch-militärische Machtergreifung in Kolumbien zu erwirken.

5. „Kolumbien ist eine Demokratie und wenn die FARC beitritt, wird die Demokratie angegriffen“
Lüge. In einem Krieg ist es unmöglich, ein Leben unter der Idee der Demokratie zu führen. In Kolumbien gibt es einen bewaffneten Konflikt schon seit mehr als 50 Jahren. Kolumbien hatte schon immer eine große Maske der Demokratie, denn kritische Meinungen und alternativen Bewegungen wurden regelrecht ausgerottet. Erinnert sei an den politischen Genozid an der von der FARC mitgegründeten linken Partei Unión Patriótica, sowie die vielen Linken, Bauern, Studenten und Gewerkschafter. Eine Demokratie besteht aus der Partizipation verschiedener Strömungen und nicht aus dem ausschließenden Moment.

6. „Das Problem der Landminen ist das der FARC“
Lüge. In einem Krieg nutzen alle Akteure verschiedene Waffen und in einem schmutzigen Krieg, der nur selten direkt ausgetragen wird, sind Minen auf beiden Seiten in Betrieb. Der kolumbianische Staat ist auch für die Minenräumung verantwortlich, wie er beim Friedensprozess in Havanna besprochen wird.

7. „Die FARC wird von einer illegalen zu einer legalen Organisation“
Teilwahrheit. Alles hängt von den wirklichen Bestrebungen in den Verhandlungen und der Politik ab, viel auch von den Sicherheitsgarantien. Es ist auch wahr, dass viele Kongressabgeordnete, Präsidenten, Minister, Generäle, Polizeibeamte, Gouverneure, Bürgermeister und Geschäftstüchtige weiterhin illegal handeln werden, gedeckt durch ihre ungerechten Gesetze, hinter denen sie sich sicher fühlen.

8. „Regierung und FARC unterzeichnen den Frieden“
Ungenau. Was die Parteien in Havanna unterzeichnen ist eine Vereinbarung zwischen zwei Akteuren. Es wird nur eine Phase in einem langen Prozess zu einem Frieden sein, der von vielen Faktoren abhängen wird, nicht nur von der FARC und von der Regierung. Die Regel sieht folgende Linie vor: Erforschung der Konfliktparteien, Annäherung, versöhnliche Gesten, Verhandlungsagenda, Unterzeichnung, Umsetzung der Vereinbarungen, Auswertungen, Überwachung und Kontrolle des Prozesses.

9. „Nach der Unterzeichnung wird der Konflikts in Kolumbien zu Ende sein“
Ebenfalls ungenau. Mit dem aktuellen Friedensprozess, aktuell in der Verhandlungsphase von Vereinbarungen, wird ein Ende des bewaffneten Konfliktes gesucht. Allerdings wird der soziale Konflikte aufgrund sozioökonomischen und kulturellen Strukturen, die bereits in den Institutionen und in ungerechten Gesetzen verwurzelt sind, weiterhin Bestand haben. Daran kann auch eine Unterschrift unter einer Entwaffnung nichts ändern. Die FARC will die Stärkung der Zivilgesellschaft und Partizipation der Bevölkerung in politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen. Es wird davon abhängen, wie beispielsweise auch von die sozioökologischen Konflikte im Bereich der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen weitergehen.

10. „Der Frieden hängt von der Unterzeichnung eines Abkommens in Havanna zwischen FARC und der Regierung ab“
Lüge. Die (Neo-)Paramilitärs, die staatlichen Sicherheitskräfte und die Guerilla sind die größten Menschenrechtsverletzer aber sie sind nicht alle diejenigen, die einen wirklichen Frieden mit sozialer Gerechtigkeit machen und wollen. Die FARC will seit dem Beginn der Verhandlungen die Teilhabe der Bevölkerungsschichten und verschiedenen sozialen Bewegungen, die von ihnen repräsentiert werden. Es soll ein Verhandlungsprozess sein, der nicht von oben nach unten, sondern von der Basis und von den Opfern gemacht wird. Es gibt jedoch in der kolumbianischen Gesellschaft und Politik auch Personen, die vom Kriegsgeschäft und den neoliberalen Machenschaften profitieren. Doch solange die Regierung nicht versucht, diese Kräfte wie zum Beispiel paramilitärische Gruppen zu eliminieren, aber auch die Jahrzehnte alten Strukturen von Ungleichheit, Korruption, Patronage, politischer Ausgrenzung zu ändern bzw. zu beseitigen, dann werden neue bewaffnete, jedoch zumindest soziale Konflikte, zweifellos wiedererstehen.

04 Mai 2015

Kommission für Wahrheit und Nicht-Wiederholung

Die Delegation der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens – Volksarmee (FARC-EP) gab am Wochenende in einem Kommuniqué bekannt, dass der Aufbau des Friedens in dem südamerikanischen Land verpflichtend ist und dass dazu die Wahrheit über die Ereignisse, die für den bewaffneten Konflikt sorgen, geklärt werden müssen. Dies beinhaltet die Aufgabe, die Rolle der verschiedenen Akteure zu analysieren und im Fall der FARC-EP, als aufständische Bewegung, die Sicherstellung von Garantien, dass der Konflikt bei einer Beendigung nicht wieder ausbricht.

Die Guerilla arbeitet im Friedensprozess mit allmöglichen Garantien. So dürfen die Opfer des Konfliktes an Gesprächsrunden teilnehmen und gesellschaftliche Organisationen an den Gesprächen partizipieren. Die Friedensgespräche bieten heute eine einzigartige Gelegenheit, um die soziale Gerechtigkeit, Versöhnung und Wiederherstellung unseres kollektiven Gedächtnisses zu erreichen, die uns die Möglichkeit geben, die Fehler unserer Geschichte zu lernen und sie nie wieder zu wiederholen, so die FARC-EP.

Doch für dieses Erreichen müssen die politische Ausgrenzung und der Mangel an Demokratie, müssen die Armut und die Ungleichheit beseitigt werden, die immer mehr Brennstoff und Konflikt erzeugen werden. Deshalb ist die Einrichtung einer Kommission für Wahrheit und Nicht-Wiederholung nicht nur ein juristisches Instrument, sondern es muss ein außergerichtlicher Mechanismus der Forschung, Aufklärung und Sanktion sein, erklärt die aufständische Bewegung im Kommuniqué. Dafür sollte die Kommission mit Kräften ausgestattet werden, um Personen zu gewährleisten an Orten arbeiten zu können, die beweiskräftig sind.

Es ist eine ethische Verpflichtung, während und auch nach der Arbeit der Kommission, alle diese Quellen zu erhalten und deren Verwendung unbegrenzt zu gewährleisten, betonte die Guerilla. Eine Aufgabe müsse zum Beispiel sein, das Phänomen des Paramilitarismus zu untersuchen, der ja eigentlich abgeschafft sein sollte. In Havanna erklärte der Kommandant der FARC-EP Jesús Santrich, erneut, dass der Staat endlich seine Archive öffnen muss.