27 August 2014

Guerilleros als Opfer des sozialen und bewaffneten Konflikts: Cristian

Cristian und seine Familie lebten in dem Dorf Costa Rica welches sich in der Gemeinde von San Juan de Arama im Departement Meta befindet. Dort verbrachte er seine Kindheit bis zum Alter von 12 Jahren.

Im Jahr 1990 waren sein Vater und sein Onkel von der Gemeinde San Juan de Arama in Richtung des ländlichen Dorfes Costa Rica mit dem Motorrad unterwegs, als sie von acht Mitgliedern der Nationalen Polizei, die in jenem Moment in Zivil gekleidet waren, abgefangen. Die Mitglieder der staatlichen Sicherheitskräfte raubten den Onkel und den Vater von Cristian aus, Geld aus dem Verkauf von mehreren Ladungen Mais und später durchsiebten sie sie mit 12 und 10 Schüssen. Inmitten des Alkoholrausches erzählten die Polizisten das Verbrechen in einem Bordell, als sie den Gelderlös aus dem Raub ausgaben. Auf diese Weise bekamen die Bevölkerung und dann die Familie von Cristian mit, wer die Urheber und was das Motiv für den Mord waren.

Einige Tage später ging die Familie von Cristian zur Polizeistation in San Juan de Arama, um den entsprechenden Vorfall zur Anzeige zu bringen. Aber die Reaktion des Leitenden der Polizeistation war erzürnt und eine groteske Bedrohung, mit den Worten von Cristian: „Das Beste was sie tun können ist ihre Koffer und ihre vier Anhängsel zu nehmen und von hier zu verschwinden, denn wenn sie hier in der Nähe immer noch anzutreffen wären, dann werden wir alle töten.“

Aufgrund einer solchen Bedrohung, und ohne Zweifel, sie würde von den Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte wahrgemacht werden, Cristian und seine Familie waren gezwungen, aus der Region zu verschwinden. Sie verließen ihre Finca und ihr Haushaltsvermögen, um ihr Leben zu schützen und sie gingen direkt nach Villavicencio, der Hauptstadt von Meta. Dort wurden Cristian, er war der älteste von vier Brüdern, und seine Mutter mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation konfrontiert und zu gleicher Zeit litten sie unter dem Verlust ihrer Lieben. Ein Verlust vor allem deshalb, weil die Täter ungestraft bleiben würden und weil bis heute keine Gerechtigkeit getan wurde. Aus Angst vor Repressalien und Drohungen hat die Familie nie weiter versucht, eine entsprechende Anzeige dieses staatlichen Verbrechens in den Händen der Mitglieder der Nationalen Polizei anzustrengen.

Acht Jahre später, als Cristian 20 Jahre seines Lebens zählte, trat er der FARC-EP zusammen mit einem Cousin bei. Hier begannen neue Episoden von Gewalt und Verbrechen gegen seine Familienmitglieder.

Im Jahr 2001 reisten die Tante Judith und eine Cousine von Cristian in einem Bus, der von Acacias nach San Martin (Meta) fuhr, und sie Opfer einer einer Straßensperre von der paramilitärischen Gruppe „Los Centauros“ wurden. Mit einer Liste in der Hand mussten sie den Bus verlassen, sie wurden schikaniert und der Zusammenarbeit mit der Guerilla bezichtigt. Sie wurden schließlich gefoltert, ihre Brüste abgeschnitten und zuletzt erschossen. Die Leichen wurden in den Müllhalde von Acacias gefunden und als seine Familienmitglieder dort hinfuhren um die Leichen in die Leichenhalle der Gemeinde unterzubringen, wurden sie verschiedenen Problemen ausgeliefert und ohne weiteres die gesamte Familie beschuldigt, Kollaborateure der Aufständischen zu sein. Die Familien wurden wieder bedroht und in Alarmzustand versetzt, keine Anzeigen von eines der Verbrechen durchzuführen, im Gegenzug für die Erhaltung ihres Lebens und der persönlichen Unversehrtheit.

Kürzlich, im Jahr 2013, als Cristian bereits ein fester Bestandteil der FARC-EP war, wurde er von Meldestellen der kolumbianischen Armee kontaktiert, um ihn dazu zu bewegen, Mord und Auslieferung von Dutzenden seiner Mitstreiter durchzuführen. Der Staat, mit dem Mittel des schmutzigen Krieges, drohte ihm mit dem Mord und der Gefährdung des Lebens seiner engsten Familienmitglieder. Seine Mutter und seine Brüder wurden unterdessen auch kontaktiert, um Cristian zu überzeugen, eine verräterische Aktion gegen die Organisation zu realisieren. Dazu sollte er einen Mikrochip in das Lager des Kommandanten der Front einzuführen. Cristian ergab sich nicht dem starken Druck. Im August dieses Jahres fand die letzte Kommunikation mit der Mutter von Cristian statt. Bis dahin stiftete die Armee seine Familie per Telefon weiter an. Zum heutigen Tag ist nichts über das Schicksal seiner Angehörigen bekannt.

Berge von Kolumbien, 24. August 2014